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FATA MORGANA DES GRAUENS

Wenn Julius Deutschbauer und Gerhard Spring wie zwei gigantische Riesenbabys plötzlich wundersam mitten in der New Yorker Skyline erscheinen (ernst und mahnend blickend), dann ist das ein böses Omen. Am ehesten ein Vorzeichen dafür, dass die Welt bald untergeht. Denn sie sind ja nicht bloß die Vorgruppe für King Kong und Godzilla, die den Leuten also einheizt, bevor die beiden wieder einmal ihren katastrophalen Auftritt haben. Schlimmer: Sie sind die Doubles fürs World Trade Center.

Zum Glück nur auf der Malerleinwand. Und eigentlich haben Deutschbauer/Spring (bis 7. März bei Steinek, Himmelpfortgasse 22) hier nur jenes Plakat abgemalt, mit dem sie ins Literaturhaus Salzburg luden, wo sie wortreich das WTC eröffnet haben. Als Bundeskanzler Schüssel und Kulturstaatssekretär Morak. (Selbstverwirklichung durch Hochstapelei?) Und haben jede Menge Peinliches, Ideologisches, peinlich Ideologisches, Vollrausch-Weisheiten und echt Komisches verzapft. So richtig auf Hochtouren liefen sie aber erst, als Schüssel (der den Spring mimte) und Morak (als Deutschbauer) – äh umgekehrt – den Wahlcontainer der SPÖ eröffnet haben. Stellvertretende Tapferkeit vor dem Feind. Sie werden aber wohl nicht wirklich darauf vertraut haben, dass Alfred Gusenbauer früher oder später eh für »MAD« gecastet wird – wegen seiner »Ähnlichkeit« mit Alfred E. Neumann. (»Wolfgang, wir bringen Alfred E. Gusenbauer auf das Cover von MAD, dann sind wir ihn los.« – »Wann, wenn nicht dann!«)

Ihre Stilrichtung (wenn sie also quasi als »Hommage an sich selbst« ihre alten Plakate auf Leinwand übertragen) nennen sie »Entsetzliche Malerei«. Das fällt jetzt aber unter unbefugte Einmischung in meine kunstkritischen Angelegenheiten, ergo unter Amtsanmaßung. (Ganz so grauslich sind die Bilder im Übrigen gar nicht.) Beim Erwin Wurm müssen die Zwei auch Abbitte leisten, nachdem sie ihm einen »Wurmfortsatz« angedichtet haben: eine Ausstellung, von der nur das Plakat, aber sonst rein gar nichts vorhanden war.

Auf dem Plakat: eine halbherzig ausgeführte Übung aus dem Kamasutra? Version »Zölibat«? Oder »Sadomasochismus für Stoiker«? Der eine kippt vornüber, dem andern devot an die Brust, während dieser ihm dezent dominant gegen ‚s Schienbein tritt. Vielleicht denken sie dabei für eine Minute andächtig an den Marquis de Sade. Fast so, als würden sie eine wurmsche Handlungsanweisung befolgen. Die Wurm-Fälscher tun allerdings Buße. Freilich indem sie ihre Sünde auf einem anderen Plakat detailgetreu wiederholen. Zugegebenermaßen in einer winterlich kargen, asketischen Landschaft. Das Kleingedruckte auf der Rückseite(!): »Dies ist kein Wurm.« Und weil‘s unter jener unzweideutigen Pfeife steht, von der Magritte felsenfest behauptet hat, sie wäre überhaupt keine Pfeife, ist das eine Trotzreaktion von galileischen Ausmaßen. (Und es wurmt uns doch!)
Claudia Aigner, Wiener Zeitung (8.4.2005)